Dorfkapelle Großhartmannsdorf

 

Am 17. Juni 1732 richtete Franz Dudi, Pfarrer von Großsteinbach, auf Betreiben der Bewohner von Großhartmannsdorf an den Fürstbischof von Seckau ein Schreiben, in dem er um Zustimmung zum Bau einer Kapelle in Großhartmannsdorf ersucht:

Dieses Schreiben wurde an den Erzpriester im Viertel Vorau, Dr. Johann Baptist Kursky, zur Stellungnahme weitergeleitet.

 

http://grosssteinbach.graz-seckau.at

Das positive Gutachten, datiert vom 23. Juli 1732, wird an den Fürstbischof gesandt, die Einwilligung der Commende Fürstenfeld erfolgte schon am 18. Juli 1732. Damit war der Weg frei für die Errichtung einer Kapelle in Großhartmannsdorf. Der Altar und das Bild des hl. Johannes Nepomuk stammen aus dieser frühen Zeit.

Diese erste Großhartmannsdorfer Kapelle wurde allerdings wegen Schadhaftigkeit laut Bescheid der Bezirksobrigkeit Feistritz bereits im Jahre 1843 wieder ab­gebrochen und durch eine neue, vergrößerte Kapelle mit Turm ersetzt. Nach ei­ner Urkunde der Herrschaft Feistritz vom 3. Oktober 1843 verpflichtete sich die Gemeinde Großhartmannsdorf, die aus Gemeindemitteln erbaute neue Kapelle samt Einrichtung „zu ewigen Zeiten aus eigenen Geldmitteln in gutem Bauzustande zu erhalten und jedes vorkommende Bau- oder andere Gebrechen sogleich zu beheben.“ Die Bevölkerung war beim Neubau der Kapelle wiederum zu großen Opfern bereit, der Nachbar Josef Trieb soll ganz allein den für den Bau benötigten Mörtel den Maurern zugetragen haben.

 

Am 19. Oktober 1843 wurde das zuständige Dekanat Pischelsdorf vom bischöflichen Ordinariat angewiesen, den Pfarrer von Steinbach zu fragen, wie er es ha­be geschehen lassen, daß in Großhartmannsdorf ohne Bewilligung eine Kapelle zur Abhaltung von Messen erbaut wurde. Dechant Gödl von Pischelsdorf erin­nerte in seinem Antwortschreiben nach Graz auf die Erlaubnis von 1732 und verwies darauf, daß die Dorfbewohner ihre Kapelle nur umgebaut und verschönert hätten, sodaß diese nunmehr auch einen Turm mit einer GIocke und ein zierliches Oratorium besitze.

 

In der Folge ersuchte die Bevölkerung von Großhartmannsdorf auch um eine Meßlizenz. Der Pfarrer von Großsteinbach versprach, die Kapelle würde ein Portatile (Tragaltar) bekommen und neben Kelch, Meßbuch und Paramenten alles übrige, was für die Meßfeier notwendig wäre. Der Pfarrer unterstützte das Vorhaben der Dorfbewohner nicht zuletzt deshalb, weil die Kapelle nun auch für gewöhnliche Andachten und den christlichen Unterricht zu gebrauchen sei und alte Leute die Möglichkeit hätten, wenigstens einige Male im Jahr der Messe bei­wohnen zu können. Somit wird der Großhartmannsdorfer Kapelle – einmal im Monat – die Meßlizenz erteilt und darüber hinaus am Markustag, an dem die Bittprozession von Großsteinbach nach Großhartmannsdorf führt, sowie am Tag des Patrons Johannes Nepomuk (16. Mai). Bezüglich des Kirchenopfers wird die Regelung getroffen, daß ein Drittel der Kapelle, der Rest aber der Pfarrkirche zu­fallen sollte. Die Weihe der Kapelle erfolgte am  9. April 1844 durch Dechant Anton Gödl aus Pischelsdorf. Im Jahre 1884 erhielt der Kapellenturm eine neue Glocke, im gleichen Jahr konnte auch die Turmuhr repariert werden. Die ent­scheidende Ausgestaltung erfuhr die Kapelle aber erst in den Jahren 1886 bis 1888 im Zuge einer umfassenden Renovierung. Diese scheint sich über mehrere Jahre hingezogen zu haben, da die Signatur eines Kapellengemäldes den Vermerk , G.Kraus Gleisdorf 1886″ aufweist und an der Außenfassade früher die Inschrift „Erbaut 1844, Renoviert 1888″ zu lesen war.

 

Die Kapelle ist 10,5 Meter lang – da­von nimmt der Apsisraum 2,5 Meter ein -, die Breite beträgt 5 Meter. Das längliche Gebäude ist in drei Joche unterteilt. Im ersten Joch über dem Eingang ist ein kleines Oratorium angebracht. Das von der Feuchtig­keit zerstörte, heute wieder vorhan­dene Deckenbild zeigt zwei durch ein Schriftband miteinander verbundene, einherschreitende Engel. Der folgende GewöIbegurt zeigt am Scheitel ein BiId mit einer Herz-Jesu- und einer Herz-Marien-Darstellung. Die Wandpfeiler weisen je ein Bild von St. Peter und St. Paul auf. Das Deckenbild im nächsten Joch wurde wie die übrige Malerei wiederhergestellt und zeigt die Dar­stellung des Lamm Gottes. Der fol­gende Gurtscheitel zeigt das Auge Gottes und an den Pfeilern die Heiligen Aloisius und Josef. Am dritten Jochgewölbe sind die Symbole von Glaube, Hoffnung und Liebe darge­stellt, am Gurtscheitel das Christusmonogramm IHS. An den Pfeilern stehen auf kleinen Wandkonsolen die Statuen der Heiligen Patrizius und Florian. An den Seitenwänden der Apsis sind Wandbilder zu sehen: Jesus der gute Hirte und das Bild des hl. Antonius. Die Gewölbe der Apsis sind ebenfalls mit Gemälden ver­sehen: Maria Verkündigung, die Allerheiligste Dreifaltigkeit und die Krönung Mariens im Himmel. Der Altar weist auch einen Tabernakelschrein auf, der von einer Pietà gekrönt wird. Das Altarbild zeigt den Kirchenpatron Johannes Nepomuk.

 

Auf Gemeinderatsbeschluß wurde im Jahre 1891 die Kapelle bei der Wechsel­seitigen Versicherungsanstalt versichert. Im Rahmen einer neuerlichen Renovie­rung im Jahre 1933 wurde das Kriegerdenkmal vor der Kapelle errichtet; gleich­zeitig wurden die Kreuzwegbilder in der Kapelle angefertigt. Dem langjährigen Großhartmannsdorfer Vorbeter Franz Rosenberger ist auch die Anschaffung einer zweiten Glocke zu verdanken, jedoch wurden beide Glocken ein Opfer des Ersten Weltkrieges. An der Kapelle wurden in der Zeit des Nationalsozialismus sämtliche Fenster eingeschlagen und die Mauern an der Außenseite von den Schulkindern mit Straßenkot beschmutzt. Wohltätige Personen haben die Schäden aus eigenen Mitteln wieder ausgebessert und die Kapelle in einen würdigen Zustand versetzt. Am 27. Juni 1949 weihte der damalige Pfarrer von Großsteinbach, Franz Thir, zwei neue Glocken, um deren Beschaffung sich Oberlehrer i.R. Watschounek aus Neudau besonders verdient gemacht hatte.

 

Immer wieder hat die Bevölkerung von Großhartmannsdorf der Erhaltung der Dorfkapelle ihre Sorge angedeihen lassen. Pfarrer Franz Dudi hatte mit seiner oben zitierten Aussage im Bittschreiben an den Fürstbischof vom Jahre 1732 recht behalten. Auch 1982/83 ist es wiederum gelungen, die Kapelle anläßlich ihres 250jährigen Bestehens einer eingehenden Renovierung zu unterziehen. Die Bevölkerung von Großartmannsdorf hat also auf ihr kleines Dorfheiligtum nicht vergessen.

Das Patrozinium der Dorfkapelle St. Johannes Nepomuk

Der im Jahre 1393 von König Wenzel verhaftete, gefolterte und durch den Sturz von der Karlsbrücke in Prag ertränkte Generalvikar der Erzdiözese Prag, Johannes Nepomuk, wurde in Böhmen schon sehr bald als Märtyrer des Beichtgeheimnisses verehrt. Erst um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert wurde seine Verehrung unter dem Einfluß des Adels auch in Österreich eingeführt und kam dann in recht kurzer Zeit zu einer solchen Blüte, wie sie wohl kaum einem Heiligen zuteil wurde. Da der Kult von verschiedenen Adeligen zu erst nach Österreich und dann auch nach Bayern gebracht wurde, wurde das erzbischöfliche Konsistorium in Salzburg im Jahre 1701 von einzelnen Pfarren um Verhaltensregeln gegenüber diesem neuen Kult befragt.

Ein Ansuchen Salzburgs in Rom um die Erlaubnis für die Errichtung von Altären und Kapellen wurde vorerst abgeschlagen, die Einführung des Johannes-Nepomuk-Kultes in anderen Diözesen als in Prag sollte vermieden werden. Trotzdem schritt die Verehrung auch in Österreich fort, sodaß schließlich am 19. März 1729 die Kanonisation von Johannes Nepomuk durch die päpstliche Bulle „Christus Dominus” erfolgte. Auf Ansuchen Salzburgs hin wurde der hl. Johannes Nepomuk 1736 zum „Patronus Minus principalis” der Erzdiözese erhoben. Damit war der Höhepunkt der Johannes-Nepomuk-Verehrung im Erzbistum Salzburg, zu dem ja auch ein Großteil der Steiermark gehörte, erreicht. Aber auch zur Zeit des Höhepunktes der Verehrung dieses typischen Barockheiligen wurde ihm in der Steiermark keine einzige Pfarrkirche, sondern nur sieben Meßkapellen, darunter im Jahre 1732 in Großhartmannsdorf, errichtet.

 

Quelle:
Auszug aus dem Buch “Geschichte und Gegenwart” der Gemeinde Großsteinbach
Anton J. FALK, Josef KAUFMANN, Josef SPÖRK, Harald STRANZL
Mit Beiträgen von Gottfried ALLMER
Februar 1998